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Architektur

Architektur des Gotteshauses


wegweisend oder gewöhnungsbedüftig?

Die Kirche – ein Zelt Gottes unter den Menschen (Offb. 21, 3).

(Foto aus Festschrift "25 Jahre Kirche St. Johannes der Täufer 1966-1991")


An wenigen Orten wird dieses Wort so erlebbar wie in der Johanneskirche in Korb. Die Architektur nimmt ganz bewusst die Formensprache eines Zel-tes auf.

(Foto aus Festschrift "25 Jahre Kirche St. Johannes der Täufer 1966-1991")


Wer die Kirche von außen mit offenen Augen betrachtet, dem fällt auf, dass das Dach über dem Chorraum nicht etwa auf den massiven Grundmauern ruht, sondern auf schweren Dachbalken, die bis nach außen verlängert sind und direkt über Betonfüße im Boden verankert sind. Nur das vordere Dach über dem Kirchenschiff wird von den Grundmauern getragen.


Hell und warm wirkt der Innenraum. Das ist schon deshalb erstaunlich, weil dem Besucher beim Betreten der Kirche zunächst nur zwei Fenster auffal-len, die jedoch nur wenig Licht hereinlassen. Erst mitten im Kirchenraum werden die großen Fensterflächen sichtbar, die Licht von oben hereinlassen und den Raum stets einladend erscheinen lassen.


Die Anordnung der Bänke in ihrer Ausrichtung um den Altar nehmen den Herrn in die Mitte. Er versammelt ein Volk um sich, das Volk steht nicht abseits vor dem Altar. Die einfache Formensprache und die schlichte, aber ausdrucksstarke Architektur stellen das Geschehen am Altar in den Mittel-punkt.

Da hörte ich eine laute Stimme vom Thron her rufen: Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen, und sie werden sein Volk sein; und er, Gott, wird bei ihnen sein.
(Offb 21, 3)

Wir wissen: Wenn unser irdisches Zelt abgebrochen wird, dann haben wir eine Wohnung von Gott, ein nicht von Menschenhand errichtetes ewiges Haus im Himmel.
(2 Kor 5, 1)

Besonders auffallend ist auch der Eingangsbereich, die Betonplastik von Hans Dieter Bohnet aus Stuttgart. Immer wieder ist zu lesen, fremde Be-sucher stünden hier vor einem Rätsel. Man könnte glauben, einen Totem-pfahl der Inka oder Azteken vor sich zu haben. Auch heute bedarf es noch ausführlicher Erklärungen zu dieser Betonplastik.

Johannes der Täufer will uns hier seine Botschaft zurufen: „Prophetische Verkündigung“.


Die Säule

Auge

Das habe ich gesehen und ich bezeuge: Er ist der Sohn Gottes.
(Joh 1, 34)
Sehen
     
Ohr

Da erging in der Wüste das Wort Gottes an Johannes, den Sohn des Zacharias.
(Lk 3, 2)
Hören
     
Mund

Eine Stimme ruft in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen!
(Mk 1, 3)
Die Botschaft verkünden


Das Relief zu beiden Seiten über dem Eingang zeigt die Jordanschleife.
Pfarrer Karl Halder schrieb dazu:

„Johannes ruft zur Umkehr, zum Umdenken auf. Zeichen dafür ist die Taufe am Jordan. Der Künstler deutet dies in seiner Plastik über dem Kircheneingang mit der Jordanschleife an. Auf die Frage der Volksmenge, der Zöllner und der Solda-ten, wie sie ihr Leben leben sollen, antwortet Johannes d. T. „Wer zwei Röcke hat, gebe dem der keinen hat; und wer Speise hat, tue ebenso!“ (Joh. 2, 10). Hans-Dieter Bohnet drückt das aus in seinen zweigeteilten Plastiken.“

[Karl Halder, Prophetische Verkündigung in Stein, in „Remstal“, Nr 27/1971, S. 43f.]

Das Relief

 


Jede Schlucht soll aufgefüllt werden, jeder Berg und Hügel sich senken. Was krumm ist, soll gerade werden, was uneben ist, soll zum ebenen Weg werden.
(Lk 3,5)
 

Wer zwei Gewänder hat, der gebe eines davon dem, der keines hat, und wer zu essen hat, der handle ebenso.
(Lk 3, 11)


Pfarrer Scheffold schrieb zum Innenraum der Kirche:

„Eine Kirche heute muß einfach sein; sich auf das Wesentliche konzentrieren; muß markant, echt, ehrlich, klar und streng sein. [...] Ein modernes Gottes-haus darf nicht ablenken; es muß ein Raum sein, der Intimität besitzt; der den heutigen Menschen zur Ruhe und Stille, zur Sammlung, zum Gebet und zur Meditation einlädt; es muß das Gefühl der Geborgenheit und des Friedens ge-ben. [...] Man hat bewußt das Gesicht der Natur nicht verdeckt. Gerade darin liegt vielleicht die Schönheit des Raumes, die wir nach und nach entdecken werden. Mancher mag solche Einfachheit nicht gleich in ihrem Wert erkennen. So aber dient das Bauwerk gerade seiner Sinngebung und Funktion. Es ist nur Raum, es ist Schale. Das Bauwerk selber ist noch nicht das Leben. So hat letzt-lich unsere Kirche adventlichen Charakter: Sie wartet und ruft. Die versammel-te Gemeinde, die mit ihrer Andacht und ihren Gesängen den Raum erfüllt, gibt einer Kirche erst die letzte und eigentliche Schönheit.“

[Kirchliche Mitteilungen der Kath. Pfarrgemeinde Waiblingen, Nr. 45 vom 27.11. bis 3.12.1966]


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